
Der Verfahrensbeistand: Anwalt des Kindes im Familienrecht
In familiengerichtlichen Verfahren steht das Wohl des Kindes immer im Mittelpunkt. Doch wie kann sichergestellt werden, dass das Kind tatsächlich gehört wird und seine Bedürfnisse und Wünsche im Verfahren angemessen vertreten sind? Hier kommt der Verfahrensbeistand ins Spiel. Eltern, die erstmals mit dieser Rolle konfrontiert werden, fragen sich oft: „Was genau macht ein Verfahrensbeistand und wofür ist er/sie da?“
Die Rolle des Verfahrensbeistands
Der Verfahrensbeistand, auch als „Anwalt des Kindes“ bezeichnet, wird vom Familiengericht bestellt, wenn es darum geht, die Interessen des Kindes in einem Rechtsstreit zu vertreten. Seine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt werden – unabhängig von den Interessen der Eltern oder anderer Beteiligter. Anders als Anwälte, die die rechtlichen Interessen von Erwachsenen vertreten, geht es beim Verfahrensbeistand darum, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen.
Seine Rolle ist besonders wichtig in hochstrittigen Verfahren, in denen die Eltern oft unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was das Beste für ihr Kind ist. Der Verfahrensbeistand ist dabei neutral und unabhängig, jedoch einzig dem Kindeswohl verpflichtet. Er agiert als Sprachrohr des Kindes und bringt dessen Perspektive in den gerichtlichen Entscheidungsprozess ein.
Was genau sind die Aufgaben eines Verfahrensbeistandes?
Die Aufgabe des Verfahrensbeistands besteht darin, das Gericht darüber zu informieren, was für das Kind in der aktuellen Situation am besten ist. Dabei vertritt er ausschließlich die Interessen des Kindes, unabhängig von den Interessen der Eltern, des Jugendamtes oder anderer Beteiligter. Er agiert als unabhängiger Vertreter des Kindes und kümmert sich darum, dass dessen Wünsche und Bedürfnisse ernst genommen werden.
Kontaktaufnahme mit dem Kind
Der Verfahrensbeistand nimmt sich Zeit, das Kind kennenzulernen. Dabei steht das Ziel im Vordergrund, das Kind in seiner aktuellen Lebenssituation zu verstehen.
Der Verfahrensbeistand führt persönliche Gespräche mit dem Kind, um dessen Sichtweise und Gefühle zu ermitteln. Dabei schafft er eine sichere Umgebung, in der das Kind offen über seine Wünsche sprechen kann – ohne Druck von den Eltern oder anderen Beteiligten.
Kindliche Bedürfnisse erkennen und vertreten
Der Verfahrensbeistand ermittelt die kindlichen Bedürfnisse und spricht für das Kind im gesamten Verfahren. Er achtet darauf, dass das Kind in allen Entscheidungen, die es betreffen, berücksichtigt wird. Dies ist besonders wichtig in Fällen, in denen das Kind unter psychischen Belastungen leidet, die durch die familiäre Situation entstehen können. Dazu gehören Loyalitätskonflikte, bei denen das Kind das Gefühl hat, sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen, oder Ängste, die durch Trennung und Unsicherheit hervorgerufen werden.
Besonders bei der akuten Unterbringungen in Pflegefamilien oder Heimen benötigt das Kind Unterstützung, um sich emotional zu stabilisieren und mit der neuen Situation zurechtzukommen. Der Verfahrensbeistand achtet darauf, dass das Kind in diesen belastenden Situationen Gehör findet und dass seine psychischen und emotionalen Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt werden.
Austausch mit den Eltern und anderen Beteiligten
Der Verfahrensbeistand spricht nicht nur mit dem Kind, sondern auch mit den Verfahrensbeteiligten, Institutionen, Ärzten und anderen Personen, die in Bezug zum Kind stehen. Dies umfasst zum Beispiel Gespräche mit Eltern, Pflegeeltern, Lehrern oder anderen wichtigen Bezugspersonen des Kindes. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der familiären Situation zu gewinnen, um das Kindeswohl bestmöglich zu vertreten.
Durch diesen Austausch erhält der Verfahrensbeistand wertvolle Informationen über das Umfeld des Kindes und seine Beziehungen zu den relevanten Akteuren. Diese Erkenntnisse fließen in die Beurteilung ein, welche Entscheidungen im besten Interesse des Kindes getroffen werden sollten.
Bericht an das Gericht
Auf Grundlage der Gespräche und Beobachtungen erstellt der Verfahrensbeistand einen Bericht für das Gericht. Dieser Bericht enthält eine Empfehlung, die dem Gericht als Entscheidungshilfe dient. Dabei fließen sowohl die Wünsche des Kindes als auch die Einschätzung des Verfahrensbeistandes ein, was im besten Interesse des Kindes ist.
Präsenz im Gerichtssaal
Der Verfahrensbeistand vertritt das Kind vor Gericht und stellt sicher, dass dessen Stimme gehört wird. Er begleitet das Kind während des gesamten Verfahrens und sorgt dafür, dass das Gericht das Kindeswohl im Blick behält. In manchen Fällen kann das Kind auch persönlich vor Gericht angehört werden, wobei der Verfahrensbeistand unterstützend zur Seite steht.
Was der Verfahrensbeistand nicht macht
Der Verfahrensbeistand hat keine rechtliche Entscheidungsbefugnis. Er vertritt nicht die Interessen der Eltern oder des Jugendamts und führt auch keine psychologische Therapie durch. Seine Rolle ist klar darauf beschränkt, das Kindeswohl zu fördern und dem Gericht eine fundierte Einschätzung über die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes zu geben. Die letztendliche Entscheidung trifft das Gericht.
Kontaktaufnahme
Wenn ein:e Mitarbeiter:in der Praxis in Ihrem familiengerichtlichen Verfahren als Verfahrensbeistand eingesetzt wurde und Sie Fragen haben oder weitere Informationen benötigen, können Sie uns jederzeit gerne kontaktieren.
Sollten Sie Klärungen oder ein persönliches Gespräch wünschen, können Sie bereits jetzt einen Termin mit vereinbaren. Wir stehen Ihnen zur Verfügung, um gemeinsam im besten Interesse Ihres Kindes zu handeln und die nächsten Schritte zu besprechen.